Reproduktive Unterdrückung und rassistische Bevölkerungskontrolle

Das Verhütungsimplantat Jadelle

Das langzeitwirkende, hormonelle Verhütungsimplantat Jadelle wird im Rahmen der entwicklungspolitischen Family Planning 2020 Initiative als emanzipatorisches Verhütungspräparat zur sexuellen und reproduktiven Selbstbestimmung im globalen Süden vermarktet. Auch von Deutschlands Entwicklungspolitik finanziell gefördert, wird das Implantat dabei jedoch oftmals zu einem Instrument reproduktiver Unterdrückung.

In Deutschland ist die Pille das am häufigsten verwendete Verhütungsmittel. Sie lässt ein ständiges An- und Absetzen, also eine selbstbestimmte Steuerung der Reproduktion, zu. Im globalen Süden hingegen bekommen Personen Verhütungsmittel, die lange wirken und nur durch operative Eingriffe zu entfernen sind. Mit dieser Priorisierung der quantitativen Verbreitung von langzeitwirkenden Verhütungsmitteln geht häufig auch eine Vernachlässigung der ärztlichen Aufklärung über die gravierenden Nebenwirkungen einher. Zudem sind die Möglichkeiten zur Entfernung des Implantats begrenzt.

Somit werden Körper geschaffen, die keine Kinder bekommen können. Der entwicklungspolitisch geförderte Einsatz des Verhütungsimplantats Jadelle beinhaltet demnach eine aktive Senkung der Geburtenrate im Globalen Süden. Dahinter versteckt sich u.a. die Annahme, dass Überbevölkerung die Ursache von Armut und Klimawandel ist – und nicht die ressourcenverbrauchende und umweltzerstörende Logik des Kapitalismus.

Häufig wird Jadelle auch Personen auf der Flucht eingesetzt. Entscheiden sich Geflüchtete in Deutschland für die Entfernung des Implantats, ist ihnen dies jedoch oft nicht möglich. Ein Grund hierfür ist die mangelnde Kompetenz von Ärzt*innen in Deutschland, das Implantat zu entfernen. Zudem werden die Kosten der Entfernung aufgrund des Asylbewerber*innengesetzes, das Geflüchteten nur minimalen Anspruch auf Gesundheitsversorgung gewährt, von den Krankenkassen nicht übernommen. Dies ist um so schlimmer, da Jadelle mit schwerwiegenden Nebenwirkungen, wie beispielsweise Depressionen, Harnröhrenentzündung, Eierstockzysten oder Sehstörungen verbunden ist.

Reproduktive Gerechtigkeit sieht anders aus! Bei Jadelle treffen reproduktive Unterdrückung, rassistische Asylpolitik und antinatalistische Bevölkerungskontrolle aufeinander. Als Mittel zur sexuellen und reproduktiven Selbstbestimmung vermarktet, wird Jadelle jedoch hauptsächlich in rassifizierten Bevölkerungsgruppen eingesetzt, um einen größtmöglichen quantitativen Verhütungseffekt und enorme Profite zu erzielen.

Literatur:

kitchen politics (2021): Mehr als Selbstbestimmung! Kämpfe für reproduktive Gerechtigkeit, Band 4, Kitchen politics – Queerfeministische Intervention. Münster: edition assamblage

https://www.familiyplanning2020.org